Warum Herzensnähe in Beziehungen unerlässlich ist

Haben Sie schon einmal das Gefühl gehabt, dass die tiefe Verbindung zu Ihrem Partner nicht mehr so stark ist wie früher? Herzensnähe kann auch in der besten Partnerschaft verloren gehen – man verausgabt sich, lebt sich auseinander, langweilt sich oder hat einfach keine Zeit füreinander. Und der Trend, Bedürfnisse immer und sofort zu befriedigen, prägt auch unsere Ehen. Bei einem Treffen der Arbeitsgemeinschaft Forum Ehe+Familie der SEA sprach Susanna Aerne, systemische Paarberaterin, über ungestillte Bedürfnisse in Beziehungen und bot Raum für Austausch.

Wir alle haben Grundbedürfnisse, die gestillt werden müssen: Wasser, Schlaf oder auch Sauerstoff. Darüber hinaus gibt es auch weniger offensichtliche Bedürfnisse, die für andere oft verborgen sind und auch trotz Beziehungen ungestillt bleiben können. Susanna Aerne sprach in ihrem Referat darüber, dass viele Menschen unter diesen ungestillten Bedürfnissen in Beziehungen leiden – und dass dies auch unter Christen zu Treuebrüchen führen kann. Aus diesem Grund versammelten sich Leiterinnen und Leiter verschiedener Organisationen auf Einladung des Forums Ehe+Familie, um über dieses intime Thema auszutauschen und herauszufinden, wie Herzensnähe auch in langjährigen Beziehungen lebendig bleiben kann. Susanna Aerne ermutigte die Teilnehmenden, in Beziehungen zu investieren, selbst Verantwortung zu übernehmen und auf ungestillte Bedürfnisse einzugehen.

Die Ehe als wertvoller Schatz

Wie geht es ihr wirklich? Was sind seine Träume? Wenn jemand diese Fragen zum eigenen Partner oder der Partnerin nicht beantworten kann, kann das ein Zeichen dafür sein, dass die Herzensnähe verloren gegangen ist. Die Ursachen dafür sind vielfältig: Wenn man aufgrund des getakteten Alltags nicht mehr viel Zeit für die Beziehung investiert, sich verausgabt oder sich die Partner in ihrer Persönlichkeit ungleich entwickeln, bleiben Bedürfnisse nach Nähe oder Sexualität trotz einer Beziehung ungestillt. «Gerade Männer sind sich häufig gar nicht bewusst, was ihnen fehlt», sagte Susanna Aerne. Sie wies darauf hin, dass genau dieser Mangel an Nähe ein Grund für Treuebrüche sein kann: «Wenn unsere Herzen nicht genährt sind, leben wir gefährlich.» Dann würden wir bewusst oder unbewusst offen dafür, unsere Bedürfnisse ausserhalb der Beziehung zu befriedigen. Ein wichtiger Schritt ist, wieder bewusst mehr Zeit mit dem Partner zu verbringen und wirklich nachzufragen, wie es ihm oder ihr geht. Solche einfachen, aber tiefgehenden Gespräche können helfen, die verlorene Herzensnähe wiederherzustellen.

Als Scheidungskind weiss Susanna Aerne aus eigener Erfahrung, wie schmerzhaft eine Scheidung für eine Familie, insbesondere die Kinder, ist. Unter Christen wird eine stabile Beziehung häufig als selbstverständlich vorausgesetzt und Menschen werden wenig ermutigt, auch in Beziehungen achtsam mit den eigenen und den (ungestillten) Bedürfnissen des Partners umzugehen. Besonders eindrücklich wurde das am Forum durch den Erlebnisbericht einer Frau, die den Treuebruch ihres Partners verarbeiten muss. Mit diesem persönlichen Einblick wuchs der Mut, offen über emotionale und sexuelle Bedürftigkeit zu sprechen.

Manchmal warten Paare so lange, bis jemand oder beide keinen Ausweg mehr sehen. Gibt es dann noch Hilfe? Die Antwort darauf liegt für Aerne im Verständnis der Bedeutung der Ehe: Die Ehe ist ein kostbarer Schatz und wenn die Beziehung aktiv gepflegt wird, kann sie für beide sehr erfüllend sein. Wenn der Partner ein grundsätzliches «Ja» für einen hat und einen so liebt, wie man ist – mit allen Stärken und Schwächen –, fällt es viel leichter, über Probleme und auch unerfüllte Bedürfnisse zu sprechen. Dies fördert das Vertrauen und schafft eine Sicherheit, die eine starke Grundlage für die Beziehung bildet.

Herausforderungen in der Beziehung überwinden

Der anschliessende Austausch machte deutlich, dass Beziehungskrisen und Trennungen viele beschäftigt – auch Leitende. In Diskussionen wurde besprochen, was es braucht, damit Beratungsangebote aus dem FEF-Netzwerk solchen Herausforderungen hilfreich begegnen können. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer suchten nach Wegen, wie in Kirchen ein Raum entstehen kann, in dem auch über solch tabuisierte Themen offen gesprochen werden kann. Viele stimmten überein, dass unsere heutige Konsumgesellschaft einen Einfluss auf Beziehungen hat. Die Tatsache, dass wir vieles jederzeit, sofort und einfach haben können, hinterlässt auch Spuren in der Art und Weise, wie wir Beziehungen leben. Das bedeutet jedoch nicht, dass es unmöglich ist, in einer Krise die Hoffnung zu bewahren. Susanna Aerne schloss ihr Referat mit einer ermutigenden Botschaft ab: «Egal, wie gross die Not bei den Menschen ist, bei Gott gibt es keine hoffnungslosen Fälle. Wiederherstellung ist möglich.»