Walter Bösch diente gute 20 Jahre als leitender Pastor im Wunderwerk Wien – einer Freikirche, die zum Bund der Freien Christengemeinde – Pfingstgemeinde Österreich gehört. Dann übertrug er diese Verantwortung an Benjamin Brestak. Im Folgenden berichtet er über den gelungenen Prozess des Leiterwechsels.
6 Jahre davor: Mit Blick auf meine Pension begann ich, 60-jährig, einen Mastergang in «Leadership» mit dem Ziel, nach meiner Pensionierung geistliche Führungskräfte in ihren Aufgaben zu unterstützen, falls dies gewünscht wäre.
5 Jahre davor: Innerlich verstärkte sich mein Empfinden, dass unser Jugendleiter, Benjamin Brestak, mein Nachfolger sein könnte. Im März 2014 fragte ich ihn bei einem Mittagessen ganz locker und informell, ob er sich das vorstellen könnte. Seine Antwort war prompt «Nein» mit der Begründung, dass er sich vorwiegend der Jugend verbunden fühle. Später entschuldigte er sich für sein damals forsches «Nein» und liess mich wissen, dass Gott ihn darauf aufmerksam gemacht hatte, sich innerlich auf die Rolle einer Gemeindeverantwortung vorzubereiten.
2 Jahre davor: Ich unterbreitete dem Leitungsteam mein Empfinden und Benjamins positive Antwort darauf. Wir liessen uns genügend Zeit zum Beten, Austauschen und Nachdenken, um am Ende zu einer einheitlichen Meinung zu finden. Monate später traten wir im Februar 2018 an die Mitglieder heran, schilderten die Einzelheiten unserer Überlegungen und schlugen Benjamin als unseren einzigen Wunschkandidaten für meine Nachfolge vor. Die nachfolgende Diskussion ergab einiges an Zustimmung, aber auch kritische Anmerkungen. Manche empfanden, dass Benjamin mit seinen 30 Jahren für diese anspruchsvolle Aufgabe zu jung wäre, andere vermissten die Wahlmöglichkeit zwischen mehreren Kandidaten. Daraufhin gaben wir uns drei Monate lang Zeit, um als ganze Gemeinde darüber zu beten und nachzudenken. Im Juni 2018 entschied die Mitgliederversammlung mit einem «Ja» von knapp 80 Prozent, dass Benjamin Brestak nach einer Übergangszeit von ca. 18 Monaten mein Nachfolger als leitender Pastor vom Wunderwerk Wien werden soll.
1,5 Jahre davor: Nach dieser Entscheidung folgte der Übergangsprozess. Dieser war wichtig, damit die Folgeentscheidungen in Ruhe und geordnet umgesetzt werden konnten. Ausserdem musste ein Teil meiner Bereiche auf verschiedene Personen übertragen werden.
Der Leiterwechsel: Am Ende des Übergangsprozesses stand der öffentliche Gottesdienst am 24. November 2019 mit der Einsetzung von Benjamin Brestak als Hauptpastor. Symbolisch war ich bekleidet mit zwei farbigen Seidenmänteln, den äusseren legte ich feierlich auf Benjamin und goss Öl auf seinen Kopf, als Symbol des Segnens. Ein heiliger und gleichsam lustiger Akt der Übertragung.
1 Jahr danach: Das ganze Jahr 2020 blieb ich als normales Mitglied im Gemeinde-Leitungsteam und verliess dieses am Ende des Jahres.
2 Jahre danach: Benjamin leitete die Gemeinde gut und überzeugte auch noch die letzten Zweifler. Ich liebte es, ihn verbal und nonverbal zu unterstützen.
Was waren Erfolgsfaktoren?
Rückblickend sehe ich vor allem drei Gründe, weshalb der Prozess so gut verlaufen ist:
- Eine Teamkultur der Offenheit, Wertschätzung und Hunger nach Gott
- Leiterinnen und Leiter, die sowohl operativ als auch multiplikativ arbeiten und selbst «lebenslange Lernende» sind
- Vorausschauendes Denken und Planen, auch wenn es dann doch anders wird
Autor: Walter Bösch