Wie weiter, wenn die eigenen Kinder als Jugendliche oder junge Erwachsene die Wege verlassen, die wir ihnen als Eltern gezeigt haben? Was, wenn junge Menschen «die Abzweigung nehmen» und dem Gott oder den Werten ihrer Eltern den Rücken zuwenden? Regula Lehmann hat darüber ein Buch geschrieben.
Kaum etwas stürzt uns als Eltern in tiefere Krisen, als wenn unsere Kinder Wege einschlagen, die wir bei aller Liebe nicht gutheissen können. Wenig schmerzt uns mehr, als wenn unser Nachwuchs alles ablehnt, was uns teuer oder heilig ist. Fakt ist jedoch, dass Kinder zu allen Zeiten andere Wege gingen und dass der Grund dafür nicht im Versagen der Eltern liegen muss, wie wir manchmal vorschnell annehmen. Die Bibel berichtet an vielen Stellen über Kinder, die andere Wege wählen. Das berühmteste aller Gleichnisse Jesu erzählt von einem Sohn, der seinen liebenden Vater tot wünscht und sein ehrbares Zuhause gegen einen Schweinestall eintauscht. Selbst beste Väter und Mütter können verlorene Söhne oder Töchter haben.
Kinder «müssen» keine anderen Wege gehen
Unsere Kinder können andere Wege gehen, aber es wäre verfehlt, fast schon davon auszugehen, dass sie dies tun werden. Viele Kinder gläubiger Eltern entscheiden sich im Lauf ihres Heranwachsens dafür, Jesus nachzufolgen, und reifen im Umfeld christlicher Gemeinden zu gefestigten Persönlichkeiten heran. Wenn Jesus das Leben ist, weshalb sollten unsere Kinder auf ihn verzichten wollen? Wenn alles, was Gott sagt, Leben bringt, weshalb sollten meine Teenies anderen Wegweisern folgen? Wenn Jesus mein eigenes Leben auf sicheren Grund stellt, weshalb sollten meine Jugendlichen ihr Leben nicht auch auf ihn bauen wollen?
Freiheit verstehen
Für Eltern, die ihre Kinder im Glauben erziehen wollen, ist es elementar, zu verstehen, was die Bibel zum Spannungsfeld von (Glaubens-)Erziehung und Freiheit sagt. Eltern haben von Gott her den Auftrag, ihren Kindern einen leidenschaftlichen, persönlichen Glauben weiterzugeben und vorzuleben. Die Entscheidung, ob Kinder diesen Weg später gehen wollen, liegt jedoch weder in der Macht noch in der Verantwortung der Eltern. Nachfolge ist eine freiwillige Sache, sie kann weder gemacht noch erzwungen werden. Dieses göttliche Prinzip der Freiheit zu verstehen und zu leben, ist «hohe Schule». Wirklich frei sind unsere Kinder nämlich nur, wenn sie absolut sicher sind, dass sie nicht an Wert verlieren und nicht «aus der Beziehung fallen», falls sie andere Wege gehen.
Gleichzeitig sind wir als Eltern frei, an dem festzuhalten, was uns im Tiefsten erfüllt. Es hilft unseren Kindern nicht, wenn wir die «Wegweiser» umstellen. Denn diese zeigen immer den Weg zurück zu diesem Vater, der sie noch mehr liebt, als wir es tun könnten. Und noch eine Freiheit haben wir als Eltern zu jeder Zeit: Die Freiheit, mit Gott über unsere Kinder zu sprechen. Allein oder zusammen mit anderen, die mit uns dafür einstehen, dass unsere Kinder Gott neu kennen- und lieben lernen. Wenn Jesus für uns tatsächlich diese eine kostbare Perle und der einzige Weg zum Vater ist, können wir nicht anders, als unsere Kinder diesem himmlischsten aller Väter immer wieder ans Herz zu legen.

Regula Lehmann ist verheiratet und Mutter von vier erwachsenen Kindern. Sie leitet die Ehe- und Familienprojekte der Stiftung Zukunft CH und ist freiberuflich als Referentin, Elterncoach und Autorin tätig. Ihr Buch «Wenn Kinder andere Wege gehen» erschien 2022 im Fontis-Verlag.