Vom Segen verschiedener Glaubenseinflüsse

Selbst geprägt von unterschiedlichen Glaubenstraditionen und Frömmigkeitsstilen, stand Kati Rechsteiner mit ihrem Mann vor der Frage, wie sie ihre Kinder im Glauben erzieht. Und dies nicht nur zuhause, sondern als Pfarrerin auch in der Kirche.  

Für die Erziehung im Glauben war meine Mutter zuständig. Da sie katholisch war, prägten Rituale meinen (Kinder-)Glauben. Das Lied «Ich ghöre es Glöggli» zum Beispiel gehörte zum Abendritual und hat mein späteres Gottesbild mit der Zeile «dä lieb Gott im Himmel wird au mit mer si» geprägt: ein Gott, der es gut mit mir meint und präsent ist. Wir beteten oft, jedoch fast ausnahmslos mit vorformulierten Gebeten wie das «Unser Vater». Wir gingen auch an Wochentagen in die Kirche, um zu beten, eine Kerze anzuzünden und die Stille vor Gott zu suchen. Die (Kinder-)Bibel lernte ich an einem besonderen Ort kennen und schätzen – im Wartezimmer eines Hautarztes – und las während des Wartens fasziniert all die Geschichten.  

Mein Vater, in der reformierten Tradition aufgewachsen, hielt den Glauben für unwichtig. So sträubte er sich zu Beginn gegen das Tischgebet. Als ich mit 20 Jahren verkündete, Pfarrerin werden zu wollen und deshalb zu konvertieren, war dies für beide Elternteile ein Schock: für meine Mutter, weil ich nicht mehr katholisch war, und für meinen Vater, dass es in seiner Familie «tatsächlich einen Pfaffen» geben wird. Schliesslich fanden beide einen versöhnlichen Umgang damit.  

Gottes Gegenwart im Alltag 

Ich lernte in jungen Jahren meinen Mann kennen, durch dessen Familie ein weiterer Frömmigkeitsstil dazu kam. Seine Mutter war in einer Chrischona-Gemeinde aufgewachsen. Ich bin für diese unterschiedlichen Glaubenseinflüsse sehr dankbar, vereinfacht formuliert würde ich sagen: Ich habe die Ehrfurcht vor der Grösse Gottes in der katholischen Kirche gelernt, die Freiheit in Christus in der reformierten und die Begeisterung im freikirchlichen Umfeld. 

Während ich als Pfarrerin im Einzelpfarramt arbeitete, wuchs die Familie. Wichtig war uns, dass unsere Kinder erfahren können, dass Gott im normalen Alltag mit dabei ist. Die drei Kinder haben mich sowohl zuhause wie auch im Religionsunterricht in meiner Doppelrolle als Mutter und Pfarrerin erlebt. Da war mir die Authentizität sehr wichtig, denn sie merkten natürlich sehr gut, ob ich im Unterricht bei persönlichen Beispielen die Realität oder eher Wunschdenken wiedergab.  

Gewisse Grundsätze waren hilfreich: Ich verlangte von ihnen nicht mehr als von den anderen Kindern (z.B. bezüglich Gottesdienstbesuchen); bevor ich etwas aus dem Familienalltag im Gottesdienst erzählte, fragte ich sie und sie durften nein sagen; wir beteten vor dem Essen, auch wenn ihre Schulfreunde zu Besuch kamen. Einmal fragte ich nach, ob sie gehänselt würden, weil sie die Kinder der Pfarrerin sind. Die Antwort meines Sohnes war: «Nein, wieso auch? Wir sind ja Pfarrers Kinder!» 

Was Sohn Tobias, 23 Jahre, sagt 

Der christliche Glaube war im Pfarrhaus steter Bestandteil des Alltags. Und trotzdem fühlte es sich nie aufgezwungen an. Einerseits war bei uns zuhause immer Platz für kritische Fragen und Diskussionen, was einen offenen und authentischen Bezug zum Glauben förderte. Andererseits konnte ich beobachten, wie diese Werte auch praktisch gelebt werden. Die konkreten positiven Auswirkungen im Alltag, unabhängig vom Pfarrhaus, haben mich nachhaltig geprägt. 

Kati Rechsteiner ist verheiratet mit Andreas und Mutter von mittlerweile erwachsenen Kindern. Sie ist im Einzelpfarramt der reformierten Landeskirche tätig sowie Mitglied im SEA-Vorstand.

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