Gottes Plan im Ungewissen: Zwischen Hoffnung und Akzeptanz

«Es ist grundsätzlich Gottes Wille, dass es allen Menschen auf der Erde gut geht», sagt Andreas Straubhaar, der selbst Heilung erfahren hat und nun im Gebet für andere eintritt. Im Gegensatz dazu ist Roland Hardmeier seit 24 Jahren chronisch krank und hat bisher keine Heilung erlebt. Wie er trotz seiner Krankheit fest im Glauben bleibt und wie Straubhaar diese Situation betrachtet, erzählen die beiden im Interview.

Was bedeutet Heilung für Sie?

Andreas Straubhaar: Heilung kann auf vielfältige Weise geschehen – einige Menschen erleben Heilung sofort und andere im Laufe der Zeit. Ich glaube, dass Heilung jedem Menschen möglich ist, denn es ist Gottes Wille, dass es allen ganzheitlich gut geht. Dieser Glaube ist das Fundament meiner Arbeit und ich betone das bei jeder Gelegenheit.

Roland Hardmeier: Verkündigung und Heilung gehören zusammen, aber man kann niemandem versprechen, dass Gott ihn heilt, denn wir kennen den individuellen Willen Gottes nicht. Die entscheidende Frage ist, wie man damit umgeht, wenn keine Heilung eintritt. Ich habe in den ersten Jahren intensiv für meine Heilung gebetet, aber irgendwann konnte ich nicht mehr in dieser ständigen Erwartung leben. Gott hat mir in dieser Zeit Frieden über meine Krankheit geschenkt, auch wenn ich weiterhin in einem gesunden Mass für Heilung bete.

Wie hat bei Ihnen, Andreas Straubhaar, Heilung stattgefunden?

Als ich in sehr jungen Jahren in eine Drogenabhängigkeit geriet, entschieden sich meine Eltern für Jesus. Zwar war ich mit der Kirche vertraut und bekam immer wieder Impulse, aber ich stand dem Glauben sehr ablehnend gegenüber. Zu Beginn des Jahres 1999 erhielt ich einen Bibelvers, den ich zunächst widerwillig annahm. Doch als ich die Worte «Fürchte dich nicht, ich bin mit dir» las, spürte ich, dass Gott in diesem Moment zu mir sprach. Dieses lebendige Wort hatte eine so starke Wirkung, dass ich innerlich zusammenbrach. Von da an wurde ich innerhalb von wenigen Tagen vollständig von meiner Depression und meiner Sucht geheilt und es blieben keine bleibenden Schäden zurück.

Wie kam es dazu, dass Sie eine Heilungspraxis gründeten?

Nach meiner ganzheitlichen Heilungserfahrung mit Gott begann ich, für kranke Menschen zu beten. Schon lange verspürte ich den Wunsch, anderen von Jesus zu erzählen, und wollte, dass auch sie ihn kennenlernen. Ein Bekannter lud mich zu evangelistischen Heilungsveranstaltungen ein und ich erkannte, dass auch ich eine Verantwortung trage. Die Veränderung, die ich selbst erlebt hatte, wollte ich unbedingt weitergeben, denn ich bin überzeugt, dass niemand auf dieser Welt krank sein sollte.

Wie können Sie, Roland Hardmeier, mit Ihrer Krankheit eine Ermutigung für Ihre Mitmenschen sein?

Wenn man keine Heilung erfährt, besteht die Gefahr, dass man ins Selbstmitleid fällt. Es tauchen Fragen auf wie: Bete ich zu wenig? Habe ich zu viel Schuld? Wenn ich predige und meine Geschichte teile, kann ich andere Menschen inspirieren und ermutigen, die im gleichen Boot sitzen. Es gab schon Situationen, da kamen Betroffene nach der Predigt zu mir und haben mich umarmt. Sie sagten mir, dass sie sich endlich verstanden fühlen. Dies zeigt mir, dass ich mit meiner Geschichte Leidende ermutigen kann.

Haben Sie schon Heilungen bei anderen Menschen miterlebt?

AS: In meiner Praxis und an Veranstaltungen erlebe ich regelmässig Heilungen. Einmal habe ich für eine Frau gebetet, die seit 30 Jahren starke Fussschmerzen hatte. Sie glaubte, dass diese Krankheit ein Teil ihres Lebens sei und Gott ihr dies auferlegt habe. Nachdem ich ihr Mut zugesprochen hatte, dass auch sie geheilt werden könne, wurde sie augenblicklich gesund.

RH: Trotz meiner Krankheit bete ich für andere. Meine Frau und ich haben einmal für ein kinderloses Ehepaar gebetet. Ich hatte plötzlich den Eindruck, dass ich ihnen Kinder zusprechen sollte. Heute haben sie vier Kinder, was für mich ein klares Zeichen von Gottes Wirken ist. Dennoch denke ich nicht, dass ich die Gabe der Heilung habe – das war ein Einzelfall.

Was sagen Sie zur Aussage: «Wenn man nur genug glaubt und betet, wird man geheilt.»?

AS: Ein gewisser Glaube ist notwendig, um Heilung zu erfahren. In der Bibel steht, dass der Glaube so gross wie ein Senfkorn sein muss, um Berge zu versetzen. Es reicht schon, wenn man nicht aufhört, für Heilung zu beten – auch wenn das manchmal schwerfällt. Es ist wichtig, nicht in Selbstmitleid zu versinken und an der Hoffnung festzuhalten.

RH: Die Aussage «genug beten und glauben führt zu Heilung» kann ich nicht unterschreiben. Wichtig ist, dass man eine persönliche Antwort auf seine Situation erhält, um Frieden zu erlangen. Auch wenn ich Gottes Stimme selten höre, habe ich in meinen schweren Zeiten Ermutigungen erhalten, die mir Frieden gebracht haben. Vor 20 Jahren habe ich von Gott den Satz empfangen: «Alles, was ich in meinem Leben nach Gottes Willen tun soll, werde ich tun können.» Dieser Satz gilt für mich heute noch und ermutigt mich.

Wie leben Sie mit der Spannung und Ungewissheit, ob Gott heilt oder nicht?

AS: Ich habe den Auftrag, für Heilung zu beten, und lasse mich von dieser Unsicherheit nicht entmutigen. Auch wenn manche Menschen noch keine Heilung erfahren haben, sollten sie die Hoffnung nicht aufgeben. Spätestens im Himmel wird alles Leid vorbei sein.

RH: Wenn wir eine Theologie der Heilung haben, brauchen wir auch eine Theologie des Leidens. In meinem Buch «Du bist da in meinem Schmerz» versuche ich, eine solche zu bieten. Ich habe gelernt, dass Gottes Verborgenheit nicht dasselbe ist wie seine Abwesenheit. Gott ist verborgen, aber er ist niemals ein Gott, der nicht da ist.

Das Gespräch führte Jaël Schultze. Sie ist Praktikantin Medien und Kommunikation bei der Schweizerischen Evangelischen Allianz SEA.

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