Mit ihren aktuell 15 Arbeitsgemeinschaften setzt sich die SEA in diversen Gesellschaftsbereichen und für das Wohl ganz unterschiedlicher Menschen ein. Stellvertretend für sie alle gewähren der Hilfswerkverband Interaction und die Jugendallianz St. Gallen Einblick in ihr Schaffen früher und heute, von politischen Kampagnen über die Unterstützung Drogenabhängiger bis zu eigenen Radiosendungen.
Für ein Leben in Fülle für alle Menschen – Interaction
«Am Freitag dem 6. Juni 2008 wird die Gründungsversammlung von Interaction um 14.00 Uhr im Heilsarmee Lokal, Laupenstrasse 5, in Bern (Nähe Bahnhof) stattfinden.» So stand es in der damaligen Einladung zur offiziellen Gründungsversammlung des Dachverbands Interaction, der durch den Zusammenschluss von elf christlichen Hilfswerken1 ins Leben gerufen wurde und die bisherige Arbeitsgemeinschaft Nord-Süd der Schweizerischen Evangelischen Allianz SEA ablöste. Vielleicht war die Gründung eine prophetische Antwort auf die Zeichen der Zeit. Globale Hungerprobleme beherrschten die Schlagzeilen und viele Bürgerinnen und Bürger forderten eine stärkere Unterstützung für die Ärmsten dieser Welt. Die Gründung wurde ermutigt durch die positiven Auswirkungen der «StopArmut2015»-Kampagne, die bereits 2004 den Anstoss zur bekannten nationalen Petition «0.7% – Gemeinsam gegen Armut» gegeben hatte. Praktisch zeitgleich mit der Gründung von Interaction wurde diese Petition am 26. Mai 2008 mit rund 200’000 Unterschriften in Bern eingereicht. Sie forderte die Regierung dazu auf, ihre Versprechen einzuhalten und die Entwicklungszusammenarbeit von 0,4 auf 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) zu erhöhen.
Die Integration der Sensibilisierungskampagne StopArmut in Interaction ermöglichte es, dass sich der Dachverband sowohl in als auch ausserhalb der Schweiz für mehr globale Gerechtigkeit einsetzen konnte. Zudem war die Gründung des Dachverbands durch das Ziel motiviert, öffentliche Fördergelder der Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA) zu erlangen. Dies wurde erstmals 2013 für die StopArmut-Kampagne erreicht sowie 2021 für das internationale Programm von Interaction «Learning 360», was einen weiteren grossen Meilenstein darstellte.
Das Leben Jesu als Vorbild
«Das Leben und Wirken von Jesus Christus ist uns Vorbild. Die Nächstenliebe motiviert unser Handeln. Interaction orientiert sich an einem umfassenden, integralen Verständnis von Mission.» Diese ersten Sätze des Leitbilds bilden seit der Gründung die gemeinsame Grundlage für das Engagement der durchaus sehr diversen Mitgliedsorganisationen. Als Teil des globalen Netzwerks Micah Global macht sich Interaction stark für christliche Perspektiven in der Entwicklungszusammenarbeit mit der Vision, ein Leben in Fülle für alle Menschen zu ermöglichen.
Der Dachverband ist bis heute auf 34 Mitglieder angewachsen. Diese eint die Überzeugung, dass trotz Unterschieden gemeinsam mehr bewirkt werden kann. Um mit Gottes Hilfe weiterhin positiv in die Gesellschaft wirken zu können, sensibilisieren sie Menschen zu globaler Gerechtigkeit durch Kurse und Anlässe2, koordinieren Lerngruppen, finanzieren Entwicklungsprojekte, unterstützen Studien zur Verhaltensänderung3 und verstärken in Zukunft das entwicklungspolitische Engagement.
Autor: Matthieu Dobler Paganoni
In den Dienst der Gesellschaft gestellt – Jugendallianz St.Gallen
Geschichte sollte man nicht nur erben, man muss sie selbst prägen. So war das auch vor und während der 1990er-Jahre in St. Gallen, die Zeit der grossen Drogenszenen und Jugendbewegungen. Das Stadtbild war geprägt von den vielen Drogenabhängigen. Polizei, Dealer und Konsumenten spielten Katz und Maus.
Zudem prägte die Angst vor der neuen Krankheit Aids die Menschen. Wie in anderen Städten wollte man viel investieren in eine drogenfreie Stadt, doch die Ratlosigkeit war gross, die Hilflosigkeit noch grösser.
Die lokale Evangelische Allianz war engagiert und stellte sich immer wieder die Frage: Wie können wir der Stadt dienen? Zudem gab es eine «Arbeitsgemeinschaft christlicher Jugendgruppen», die mit vielen Ideen die Stadt mitgestalten wollte. Das MOSAIK, die damalige Jugendallianz in der Stadt, wurde geschätzt und auch von politischer Seite unterstützt. Die Verantwortlichen wollten ihren Beitrag leisten und sich nicht hinter frommen Worten und noch frommeren Gebeten verstecken. Ganz nach dem Jeremia-Prinzip «Suchet der Stadt Bestes». Drei Situationen sollen zeigen, was dadurch möglich war.
Einfach nur dienen
Durch politische Kontakte kamen Mitarbeitende aus Landes- und Freikirchen ins Team des von der Stadt betriebenen Jugendhauses. Zwischenzeitlich ging sogar die Leitung an eine Mitarbeiterin, die zu einer Freikirche gehörte. Die Mitarbeitenden haben nicht missioniert, sie wollten einfach nur dienen – der Stadt, den Menschen, den Jugendlichen, der sozialen Gemeinschaft. Das «Wir» stand über dem «Ich».
Schutz vom SP-Stadtrat
Die Jugendallianz MOSAIK plante einen Event, für den sie das städtische Kulturzentrum Grabenhalle mieten wollte. Doch der damalige Leiter wollte keine religiösen Veranstaltungen in seinem Lokal. Kurzerhand änderte er die Mietbedingungen handschriftlich ab. Der damalige SP-Stadtpräsident akzeptierte dieses Vorgehen jedoch nicht und stellte sich, nicht zuletzt wegen der vielen positiven Erfahrungen, hinter die Jugendallianz mit dem öffentlichen Versprechen: «Solange ich hier verantwortlich bin, werde ich die Jugendallianz in ihren Aktivitäten immer unterstützen.»
Radio als Plattform
Die Verantwortlichen des St. Galler Privatradios «Radio aktuell» realisierten, dass die Allianz durchaus zur Stadt gehörte, und räumten ihr zwei Sendegefässe ein. Jeden Mittwochabend ging es eine Stunde lang um christliche Themen mit ebensolcher Musik. Diese Sendung wurde gestaltet und verantwortet von einem Team aus den verschiedenen Allianzgemeinden. Ein zweites Team konnte jeden Morgen um 7 Uhr live einen dreiminütigen Kurzbeitrag senden. In beiden Sendegefässen schenkten die Radiomacher den Allianzleuten viel Freiheit und Vertrauen.
Dieses Beispiel aus St. Gallen zeigt: Wer für und mit der Stadt denkt, handelt und fühlt, muss sich keine Gedanken über die Akzeptanz von Christen und Kirchen machen. Wer ohne Hintergedanken «der Stadt Bestes sucht», wird mitprägen und Freunde über Kirchengrenzen hinaus finden.
Autorin: Verena Birchler